Wissenschaft kompakt
Der Äquator
40 075 Kilometer, eine unvorstellbare Distanz! So weit ist es einmal
um die Erde herum entlang des 0. Breitengrades, dem Äquator, was
gleichzeitig auch dem Umfang der Erde entspricht. Der Äquator hat
neben diesem Alleinstellungsmerkmal auf der Erde noch einiges anderes
zu bieten, auch im Hinblick auf das Wetter.
Der Äquator teilt unsere Erde gewissermaßen in zwei Hälften: Die
nördliche und die südliche Hemisphäre, was aus dem Griechischen kommt
und einfach Halbkugel bedeutet. Man könnte ihn gewissermaßen als
Spiegel bezeichnen. Viele großräumige atmosphärische Prozesse
verlaufen auf der Nord- und Südhalbkugel quasi spiegelsymmetrisch.
Motor ist dabei zunächst einmal die Sonnenenergie. In den Tropen um
den Äquator herum bekommt die Erde die meiste Sonnenenergie
geliefert, während es an den Polen dahingehend eher dürftig aussieht.
Um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Wärme zu erreichen,
muss diese also vom Äquator gesehen in Richtung der Pole
transportiert werden. Dieser Transport wird in der Atmosphäre durch
großräumige Luftzirkulationen, sogenannte Zellen gewährleistet. In
Äquatornähe steigt die warme Luft auf und wird in der Höhe Richtung
Pole transportiert, sinkt aber bereits in den Subtropen ab und strömt
von dort zurück in Richtung Äquator. Diese Zelle nennt man
Hadley-Zelle. Weitere großräumige Zirkulationszellen findet man in
den mittleren Breiten (Ferrel-Zelle) und in der Nähe der Pole (Polare
Zelle). Die Ferrel-Zelle kennzeichnet die Zone der stärksten
Energieunterschiede und den Bereich größter Instabilität. Der
effektive Wärmetransport erfolgt in diesem Bereich durch die
bekannten, kleinräumigeren Wettersysteme wie Hoch- und
Tiefdruckgebiete.
Diese Wettersysteme würden aber nicht funktionieren, wenn die Erde
sich nicht drehen würde. Wenn sich in einem rotierenden System etwas
bewegt, kommen nämlich sogenannte Scheinkräfte ins Spiel. Stellen Sie
sich vor, Sie sitzen in der Mitte eines Kreisels und lassen einen
Ball nach außen laufen. Was passiert? Er wird aus Ihrer Sicht und je
nach Rotationsrichtung nach rechts oder links abgelenkt. Es handelt
sich dabei um die Corioliskraft (übrigens nach dem Franzosen Gaspard
Gustave de Coriolis benannt, weshalb das "s" eigentlich nicht
mitgesprochen werden dürfte). Betrachtet man die Erde direkt von
"oben" bzw. "unten", erscheint sie ebenfalls wie ein nach links bzw.
rechts drehender Kreisel, weswegen auf zumindest großräumige
Luftbewegungen ebenfalls die Corioliskraft wirkt. Und damit kommen
wir zur zweiten "Spiegelfunktion" des Äquators: Während direkt am
Äquator keine Corioliskraft wirkt, werden die Luftbewegungen auf der
Nordhemisphäre nach rechts und auf der Südhemisphäre nach links
abgelenkt. Im Kern ist diese Kraft der Grund dafür, dass sich Hoch-
und Tiefdruckgebiete drehen, und das eben im Norden andersherum als
im Süden. Und auch die Ozeane bleiben von dieser Kraft nicht
verschont. Dort gibt es ebenfalls große rotierende Systeme wie in der
Atmosphäre.
Es gibt noch einige weitere Besonderheiten, die der Äquator
bereithält, aber das würde den Rahmen sprengen. Der Äquator ist mehr
als nur die reine geographische Trennung zwischen Nord und Süd.
Praktikantin Christina Kagel
in Zusammenarbeit mit
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.11.2024
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