Wetter aktuell
Eisige Nächte am Wochenende
Am Wochenende sorgt die einfließende mäßig-kalte Polarluft
insbesondere in Tallagen Süddeutschlands sowie in den östlichen
Mittelgebirgen in den Nächten örtlich für strengen Frost. Welche
Temperaturen werden vorhergesagt und wie sind diese Ende November
einzuordnen?
Derzeit zieht Tief "Talat" von Rügen in die Ostsee. Die zugehörige
Luftmassengrenze überquert uns von West nach Ost und sorgt
gebietsweise für frühwinterliche Wetterbedingungen in Form von
Schneeregen oder Schneefall. Auf der Westflanke des Tiefs wird aber
bereits mäßig-kalte Meeresluft aus polaren Regionen nach Süden
geführt. Diese Polarluft hält in den kommenden Tagen auch in
Deutschland Einzug.
In der Folge sinken die Temperaturen allmählich ab. So werden
verbreitet niedrige einstellige Höchstwerte erwartet. Bei Schneefall
oder im dichten Nebel muss ebenso wie im Bergland mit leichtem
Dauerfrost gerechnet werden. Da der Himmel in den kommenden Nächten
unter Hochdruckeinfluss teilweise klar bleibt, sinken die Tiefstwerte
gebietsweise in den mäßigen Frostbereich (-5 bis -10 °C). Über Schnee
werden in der Nacht zum Samstag und Sonntag in einigen Tallagen
Süddeutschlands sogar Minima im strengen Frostbereich erwartet (unter
-10 °C).
Wie sind diese Tiefstwerte im November einzuordnen?
Vergleicht man die aktuellen Vorhersagen mit dem Klimamittel zwischen
1991 und 2020, so fällt der aktuelle Witterungsabschnitt zu kalt aus.
In Abbildung 3 ist die Abweichung der Tagesmitteltemperatur vom
Klimamittel 1991 - 2020 (blaue 0 Kelvin-Linie) im Flächenmittel von
Deutschland für den Monat November dargestellt. Die grüne Linie zeigt
dabei die bisher beobachteten Tagesmitteltemperaturen. Die Linien mit
den Farben violett, rot und türkis zeigen verschiedene Vorhersagen
bis zum Monatsende. Daraus geht hervor, dass die Abweichung zur
Tagesmitteltemperatur am Wochenende fast 6 Kelvin nach unten betragen
und somit deutlich zu kalt ausfallen wird.
Sind diese Temperaturen rekordverdächtig?
Von neuen Kälterekorden sind wir aber noch ein ganzes Stück entfernt.
So gibt es einige Stationen, die in der Vergangenheit in der letzten
Novemberdekade Tiefstwerte knapp unter -20 °C registrierten.
Beispielsweise maß die Station in Oberstdorf am 22. November 1998
einen Tiefstwert von -22,4 °C. Damals verzeichnete die Wetterstation
allerdings eine Schneedecke von 33 Zentimetern. Aber auch Ende
November 2010 wurden an der Station -20,1 °C bei 23 Zentimetern
Schnee gemessen. Rekordverdächtig sind die aktuellen Vorhersagen also
nicht.
Sie geben aber einen kleinen Vorgeschmack auf den bevorstehenden
Winter. Immerhin können die Tiefstwerte in Deutschland im Laufe des
Winters noch etwas niedriger ausfallen. So registrierte die Station
in Wolnzach-Hüll (Bayern) am 12. Februar 1929 eine Temperatur von
-37,8 °C und hält damit den bis heute ungeschlagenen Rekord der
niedrigsten, jemals offiziell im DWD-Messnetz gemessenen Temperatur
in Deutschland. Auf der Zugspitze sank die Temperatur dagegen im
Februar 1940 "nur" auf -35,6 °C als minimalster Wert der dort
installierten Wetterstation ab. Grundsätzlich haben Temperaturen
unter -25 °C in Deutschland im 21. Jahrhundert aber Seltenheitswert.
Eine Temperatur unter -30 °C wurde nach 2000 lediglich auf der
Zugspitze nochmals am 26. Februar 2018 gemessen.
Schaut man auf die Kälterekorde weltweit, so zeigt sich deutlich,
dass wir in einer gemäßigten Klimazone leben. Denn es geht noch
deutlich kälter. Die kältesten Orte auf der Nordhalbkugel liegen in
Ostsibirien. Sowohl in Oimjakon (Februar 1933) als auch in
Werchojansk (Februar 1892) wurden jeweils -67,8 °C registriert. Diese
sind zudem die kältesten bewohnten Orte der Erde. Nicht mehr bewohnt,
aber dennoch eisig kalt wird es in Prospect Creek in Alaska (USA).
Dort wurden im Januar 1971 -62,2 °C gemessen. Auch im kanadischen
Snag wurden im Jahr 1947 -63 °C registriert. Während einer
zehnjährigen Messkampagne wurde am Mount Denali, dem höchsten Berg
Nordamerikas, ein Kälterekord von -73,8 °C ermittelt.
Die weltweit niedrigste Messung wurde aber - wie könnte es anders
sein - im "Eisschrank" der Erde vorgenommen, der Antarktis. Am 21.
Juli 1983 zeigte das Thermometer auf 2 Meter Höhe über dem Eis der
russischen Forschungsstation Wostok (Antarktis) -89,2 °C an.
Allerdings wurde dieser Kälterekord mithilfe moderner Messmethoden in
Form neuester Satellitentechnologie noch unterboten. Im Juni 2018
veröffentlichten Forscher des "National Snow and Ice Data Center" der
Universität von Colorado in Boulder (USA) einen Artikel über den
kältesten Ort der Erde im "Geophysical Research Letters", einem
renommierten Wissenschaftsjournal. Dieser befindet sich auf einem
Hochplateau im Osten der Antarktis in einer Höhe zwischen 3850 und
4050 Metern. Dort verzeichneten die Forscherinnen und Forscher bei
Messungen in den Wintern von 2004 bis 2016 rund 100 Stellen mit der
unvorstellbaren Temperatur von etwa -98 °C, ein neuer weltweiter
Rekord. Dabei handelt es sich um schmale Täler oder Senken, in denen
sich die vergleichsweise schwere Kaltluft ansammelt.
Da Satelliten nur die Bodentemperatur messen, ergibt sich im
Vergleich mit Stationen wie Wostok eine geschätzte Lufttemperatur in
zwei Metern Höhe von etwa -94 °C, was immer noch rekordverdächtig
ist. Die Rekordtemperatur ist von aktuellen deutschen Verhältnissen
also ähnlich weit entfernt wie gefrorenes Wasser vom Kochen.
Dass die gemessene Temperatur von -98 °C noch tiefer abfällt, ist
laut der Forscher jedoch sehr unwahrscheinlich. Um diese überhaupt
erreichen zu können, müssen ideale Bedingungen wie ein klarer Himmel
und eine extrem trockene Luft über mehrere Tage anhalten. Tiefere
Temperaturen könnten also nur auftreten, wenn diese Bedingungen über
Wochen vorherrschen.
Auch wenn es in Deutschland und weltweit deutlich kälter werden kann,
sollten die eisigen Temperaturen der kommenden Nächte nicht
unterschätzt werden. Wir kommen aus dem Sommerhalbjahr und sind
bisher noch nicht vollständige an die Kälte angepasst. Ziehen Sie
sich also besser warm an. Für alle "Spätentschlossene" empfiehlt sich
darüber hinaus spätestens jetzt über einen Wechsel von Sommer- auf
Winterreifen nachzudenken.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.11.2025
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